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Vereinsgeschichte
Wenn ihr etwas über die Vereinsgeschichte erfahren wollt oder außergewöhnliche Zeitzeugnisse über den Verein besitzt, welche ihr dem TVL zur Verfügung stellen möchtet, wendet euch gerne an chronik@tv1886.de.
Das Jahr 1886...
...war ein Jahr voller Umbrüche und bedeutender Ereignisse. Weltweit bewegt sich die Menschheit mit großen Schritten auf das Zeitalter der Moderne zu: Die Freiheitsstatue wird in New York feierlich eingeweiht – ein Symbol für Hoffnung und Freiheit, das die Verbindung zwischen der Alten und der Neuen Welt festigt. In Mannheim präsentiert Carl Benz seinen ersten Patent-Motorwagen, der das Zeitalter der Mobilität einläutet und als Geburtsstunde des Automobils gilt.
In Europa bestimmen Fortschritt und Wandel den Alltag. Großbritannien erlebt unter Königin Victoria die Blütezeit seines Empires, doch auch soziale Gegensätze und Armut prägen die Gesellschaft. Frankreich, nach dem Deutsch-Französischen Krieg noch tief gezeichnet, ringt mit inneren Spannungen, während die Dritte Republik versucht, Demokratie und Stabilität zu festigen.
Im Deutschen Kaiserreich unter Kaiser Wilhelm I. und Reichskanzler Otto von Bismarck erleben die Menschen eine Zeit rasanter industrieller Entwicklung. Fabriken wachsen, Eisenbahnen verbinden Städte und Regionen, und technologische Innovationen verändern den Alltag nachhaltig. Doch der Fortschritt hat seinen Preis: Harte Arbeitsbedingungen, soziale Ungleichheit und politische Konflikte prägen das Leben vieler Menschen. Gewerkschaften entstehen, Sozialgesetze werden eingeführt, und die soziale Frage steht im Mittelpunkt gesellschaftlicher Debatten.
In dieser Epoche des gesellschaftlichen Wandels spielt auch die Turnerbewegung eine bedeutende Rolle. Ursprünglich Anfang des 19. Jahrhunderts von Friedrich Ludwig Jahn ins Leben gerufen, verfolgt diese Bewegung nicht nur sportliche Ziele, sondern auch gesellschaftspolitische: Es geht um körperliche Ertüchtigung, Gemeinschaftssinn und patriotische Erziehung. Turnvereine entstehen vielerorts und bieten breiten Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe. Zugleich drücken sie nationale und liberale Ideen im Kontext eines erstarkenden deutschen Nationalbewusstseins aus.
In dieser dynamischen Zeit des Wandels, in der die Menschen nach Gemeinschaft und Stabilität suchen, wird in Langenselbold – einer Gemeinde im Kreis Hanau, der zur preußischen Provinz Hessen-Nassau gehört und seit 1866 infolge der Annexion des Kurfürstentums Hessen Teil Preußens ist – ein Verein gegründet, der die Menschen verbindet, gemeinsame Ziele verfolgt und über viele Generationen Bestand haben wird: der Turnverein 1886 Langenselbold.
Vereinsgründung und frühe Entwicklung (1886–1914)
Am 24. Juli 1886 gründeten 23 junge Männer im Gasthaus „Zur Deutschen Eiche“ in Langenselbold den Turnverein 1886 Langenselbold. Sie hatten die Hoffnung, dass der Verein wachsen und gedeihen möge, konnten sich jedoch kaum vorstellen, dass dieser Verein einmal zum größten und mitgliedsstärksten Verein Langenselbolds und einem der größten Hessens werden würde. Der erste Vorstand setzte sich aus Heinrich Gasche (Vorsitzender und Turnwart), Georg Gasche (Schriftführer und Kassierer), sowie den Beisitzern August Reuter, Friedrich Wacker, Johann Röder und Peter Einschütz zusammen.
Das erste Vereinsjahr verlief schwierig. Im Winter musste der Turnbetrieb eingestellt werden, da der Versammlungsraum im Gasthaus nicht beheizbar war. Auch finanziell verlief der Start bescheiden: Am Jahresende verblieben nur 36 Pfennig in der Vereinskasse. Der erste Turnplatz befand sich zunächst auf der „Sieb“, später wurde ein Grundstück in der Friedrichstraße erworben, das fortan als neuer Turnplatz diente.
Neben dem Turnen spielte Geselligkeit im Vereinsleben eine wesentliche Rolle. Bereits in den ersten Jahren veranstaltete der Verein Theaterabende, Waldfeste und Tanzveranstaltungen, wobei letztere oft mit dem traditionellen „Zoppen“ (einer Gebühr für Tanzpaare auf der Tanzfläche) verbunden waren. Allerdings waren diese Veranstaltungen nicht immer wirtschaftlich erfolgreich, wie das regnerische Waldfest von 1894 zeigte, bei dem ein Verlust entstand.
1895 wurde eine eigene Gesangsabteilung gegründet, die unter Leitung des Lehrers Eckel stand und an Ostern 1897 ihr erstes Konzert vor 129 Zuhörern im Gasthaus „Zur Deutschen Eiche“ gab. Aus dieser Abteilung entwickelte sich später der eigenständige Gesangverein „Sängerlust“.
Zum 10-jährigen Vereinsjubiläum 1896 wurde ein großes Stiftungsfest gefeiert, das erstmals einen nennenswerten Gewinn für die Vereinskasse einbrachte. Vorsitzender zu dieser Zeit war Adam Weidenbach, der später zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde und den Verein bis 1920 führte.
Damals waren die Anforderungen an neue Vereinsmitglieder streng: Eine Aufnahme erforderte die Empfehlung des Vorstandes und eine Abstimmung in der Mitgliederversammlung. Jugendliche Mitglieder wurden „Zöglinge“ genannt und verpflichteten sich zur Treue gegenüber dem Turnen, dem Deutschtum und dem Kaiser. Traditionell schloss jede Versammlung mit dem Gesang des patriotischen Liedes „O Deutschland hoch in Ehren“ und dem Turnergruß „Gut Heil“.
1901 richtete der Verein erstmals eine Großveranstaltung aus, das Kinzig-Gau-Turnfest. Dieses Fest war finanziell erfolgreich und erhöhte das Selbstbewusstsein des jungen Vereins, trotz erheblicher Bierkosten, die bei der Bewirtung der Schauturner anfielen.
Zum 25-jährigen Bestehen 1911 stiftete der Verein eine Jahn-Gedächtnisplakette, die am Gasthaus „Zum Goldenen Engel“ angebracht wurde und bis heute erhalten ist. Gleichzeitig wurde der Turnplatz in der Friedrichstraße verkauft, um aus dem Erlös einen Fonds für den Bau einer eigenen Turnhalle anzulegen. Schon damals zeigte sich der Wunsch nach einer vereinseigenen Halle, dessen Verwirklichung jedoch noch Jahrzehnte dauern sollte.
1913, nach langwierigen Diskussionen im Vorstand, wurde erstmals eine Damenabteilung eingerichtet, allerdings unter der Auflage, dass sich diese Abteilung den Weisungen des ausschließlich männlichen Vorstandes strikt zu unterwerfen habe. Diese Öffnung des Vereins für Frauen markierte einen wichtigen Meilenstein in der Vereinsgeschichte.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahre 1914 kam der Turnbetrieb nahezu vollständig zum Erliegen. Während der Kriegsjahre waren die Versammlungen von Trauer geprägt, da regelmäßig die Namen gefallener Vereinsmitglieder verlesen werden mussten. Trotz der schweren Verluste und dem gesellschaftlichen Stillstand blieb die Gemeinschaft des Turnvereins bestehen und hoffte auf bessere Zeiten nach dem Krieg.
Schwieriger Neubeginn nach dem Ersten Weltkrieg (1918–1945)
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges stand der Turnverein 1886 Langenselbold vor einer schwierigen Situation. Zwar zählte der Verein zu dieser Zeit rund 200 Mitglieder, doch mangelte es sowohl an geeigneten Vorturnern als auch an finanziellen Mitteln. Der Neubeginn erforderte große Opfer von allen Beteiligten, da notwendige Anschaffungen nahezu unmöglich waren und man sich mit einfachen Mitteln begnügen musste. Dennoch gelang es dem Verein, trotz aller Widrigkeiten den Turnbetrieb wieder aufzunehmen.
Am 6. Februar 1920 wurde ein neuer Vorstand gewählt. Adam Weidenbach, der den Verein seit 1888 geführt hatte, übergab das Amt des 1. Vorsitzenden an Jean Wacker. Adam Weidenbach wurde gleichzeitig Ehrenvorsitzender. Zum Vorstand gehörten zudem August Eysel als 2. Vorsitzender, Martin Völker als Schriftführer, Heinrich Hohmann als 1. Kassierer, Margarete Weidenbach als 2. Kassiererin, Friedrich Ruth und Friedrich Völker als Turnwarte, Konrad Kniss als Zeugwart sowie Heinrich Gottlieb als Spielwart.
Eine bemerkenswerte Episode aus dieser Zeit war die Fahrt zum Gauturnfest nach Büdingen im Jahr 1920. Diese Reise erfolgte mit zwei von Pferden gezogenen Leiterwagen, für die jeweils zwanzig Mark Leihgebühr entrichtet werden mussten. Diese ungewöhnliche Fahrt hinterließ bei den teilnehmenden Turnern einen bleibenden Eindruck.
Die Inflationszeit in Deutschland hinterließ auch im Vereinsleben deutliche Spuren. Besonders das Jahr 1923 verdeutlichte die dramatische finanzielle Situation: Die Mitgliedsbeiträge mussten in astronomische Höhen angepasst werden, so zahlten Erwachsene monatlich zwei Millionen Reichsmark und Jugendliche („Zöglinge“) eine Million Reichsmark. Der Kassenbericht des Jahres schloss mit dem damals absurd klingenden Saldo von 1.782.026.634.471,22 Reichsmark – umgerechnet lediglich 1,78 Goldmark.
Im Jahr 1925 wurde innerhalb des Vereins eine neue Abteilung gegründet, die bis heute fester Bestandteil des TV Langenselbold ist: die Handballabteilung. Gegründet von aktiven Turnern und Leichtathleten, wurde die neue Sportart zunächst kritisch betrachtet, da im Verein lange Zeit das klassische Turnen als einzig legitime Tätigkeit galt.
Die Vereinsgeschichte der folgenden Jahre verzeichnete einige wichtige organisatorische Veränderungen: 1928 wurde Adolf Link zum neuen Vorsitzenden gewählt, Jean Wacker übernahm den Posten des zweiten Vorsitzenden. Auch finanziell entwickelte sich der Verein weiter. Der bereits 1911 gegründete Fonds zum Bau einer eigenen Turnhalle war bis 1932 auf fast 8000 Reichsmark angewachsen. Die Mitgliederzahl stieg kontinuierlich, sodass der Verein 1936 bereits 319 Mitglieder zählte.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten bedeutete für den Verein einen tiefen Einschnitt. Wie viele andere Vereine wurde auch der TV Langenselbold gleichgeschaltet und unter staatliche Kontrolle gestellt. Der gesamte Vereinsbesitz, einschließlich des Fonds für den Hallenbau, ging an den Staat über. Der Zweite Weltkrieg brachte erneutes Leid über die Vereinsmitglieder: 47 von ihnen fielen auf den Schlachtfeldern des Krieges. Nach dem Zusammenbruch 1945 schien die Zukunft des Vereins zunächst ungewiss, und eine Wiederaufnahme der Vereinsaktivitäten erschien zu diesem Zeitpunkt nahezu unmöglich.
Neubeginn und Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg (1945–1963)
Nach dem Zusammenbruch 1945 schien die Zukunft des TV 1886 Langenselbold zunächst ungewiss. Unter Aufsicht der Besatzungsmächte war eigenständiges Vereinsleben zunächst untersagt, weshalb man vorübergehend in der sogenannten „Sport- und Kulturgemeinschaft“ zwangsvereinigt wurde. Doch sobald die Vorbehalte gegen eigenständige Vereine seitens der Alliierten nachließen, versammelten sich Turner und Handballer am 22. Oktober 1948 im Gasthaus „Zum Felsenkeller“, um den Turnverein erneut eigenständig zu gründen. In dieser historischen Versammlung wurde ein neuer Vorstand gewählt: Vorsitzender wurde Philipp Schäfer, stellvertretender Vorsitzender Franz Völker, Schriftführer Heinrich Hamburger und Kassierer Hermann Schäfer. Den technischen Ausschuss bildeten Jean Bassermann als Oberturnwart, Emilie Bassermann als Leiterin der Frauenabteilung, Konrad Friedrich als Handballspielleiter und Helmuth Meininger als Jugendleiter.
Im gleichen Jahr entstand erstmals auch eine eigene Karnevalabteilung, die unter Leitung von Heinrich Herwig sofort aktiv wurde. Erste karnevalistische Veranstaltungen fanden in „Gölzners Hallen“ und im „Felsenkeller“ statt, wobei die Besucher nicht nur Eintritt zahlen, sondern wegen der schwierigen Versorgungslage auch Brennholz zum Heizen mitbringen mussten.
Die Nachkriegsjahre waren geprägt von Improvisation und Eigeninitiative. Der Sportplatz auf der „Sieb“ wurde in Eigenleistung erstellt und gepflegt, als Umkleideraum diente eine einfache Holzhütte von 1925. Trainingsbedingungen waren eher bescheiden; fließendes Wasser gab es nur nach starken Regenfällen in Form von Pfützen.
Dennoch erlebte der Verein in den frühen 1950er Jahren eine Zeit des Aufschwungs. Übungsstunden fanden in der ehemaligen Knabenschule (der heutigen Gründauschule) statt, und die Beteiligung war erfreulich hoch, da viele froh waren, wieder in Gemeinschaft aktiv sein zu können. Ein neu gegründeter Spielmannszug unter Leitung von Willi Bassermann entwickelte sich zu einer starken und beliebten Abteilung.
1951 wurde Wilhelm Mohn zum neuen Vorsitzenden gewählt; Wilhelm Hahn übernahm das Amt des Kassierers. Ein Höhepunkt dieser Jahre war die Ausrichtung des Gauturnfestes des Turngaus Kinzig im Jahr 1952. Obwohl das Fest ein großer Erfolg war, entstand bald darauf ein Konflikt innerhalb des Vereins über die Verteilung des finanziellen Gewinns. Dieser Streit führte 1953 zur Abspaltung des kompletten Spielmannszuges sowie mehrerer aktiver Turner, die daraufhin die Turngemeinde Langenselbold gründeten.
Um diese Krise zu bewältigen, fand am 16. Oktober 1953 im Gasthaus „Zum Weinberg“ eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt, bei der ein neuer Vorstand gewählt wurde. Heinrich Herwig wurde Vorsitzender, unterstützt durch Wilhelm Betz als zweiten Vorsitzenden, Ludwig Lehr als Schriftführer und Wilhelm Hahn als Kassierer. Konrad Kniss wurde aufgrund seiner Verdienste zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Die Handballabteilung erwies sich in den folgenden Jahren als besonders aktiv und trug maßgeblich zum Wachstum und Ansehen des Vereins bei.
Einen besonderen Erfolg erreichte die Handballabteilung durch eine freundschaftliche Verbindung zur BSG Traktor Bad Klosterlausitz in Thüringen, die 1953 begann. Diese Partnerschaft führte sogar zu mehreren Eheschließungen zwischen Langenselbolder Handballspielern und jungen Frauen aus Thüringen. Initiiert wurde dieser Kontakt durch Fritz Schwarz (Langenselbold) und Otto Voigtberger (Bad Klosterlausitz).
In finanzieller Hinsicht wurde die Karnevalabteilung, die regelmäßig erfolgreiche Veranstaltungen durchführte, zu einer wichtigen Stütze des Vereins. Doch trotz der Erfolge gab es organisatorische Schwierigkeiten, besonders bei der Koordinierung der Trainings- und Übungszeiten für Turner, Handballer und Karnevalisten.
Bis zur Jahreshauptversammlung im Januar 1957 war die Mitgliederzahl des TV Langenselbold auf 356 Personen angewachsen. In dieser Versammlung trat Heinrich Herwig als Vorsitzender zurück, und Fritz Meininger übernahm die Vereinsleitung. Der Vorstand wuchs deutlich an, was die Komplexität der Vereinsorganisation verdeutlichte. Zahlreiche Mitglieder übernahmen verschiedene Aufgaben, um den Verein effektiv zu leiten.
Noch 1957 entschied man, den Saal des Gasthauses „Zum Felsenkeller“ in Eigenhilfe auszubauen, um endlich ein eigenes, festes Zuhause für den Verein zu schaffen. Diese Arbeiten waren rechtzeitig abgeschlossen, sodass bereits Anfang 1958 erste Veranstaltungen in den renovierten Räumen stattfinden konnten. Die Langenselbolder Zeitung lobte diesen Einsatz der Vereinsmitglieder ausdrücklich als großen Erfolg.
Im März 1958 wechselte erneut die Vereinsführung: Wilhelm Hahn wurde Vorsitzender, Friedrich Weingärtner zweiter Vorsitzender und Heinrich Hamburger Kassierer. Im Jahr 1961 richtete der TV Langenselbold erfolgreich das Gau-Kinderturnfest des großen Turngaus Hanau-Offenbach aus. 1962 erreichte der Verein mit 599 Mitgliedern eine neue Rekordmarke.
1959 gründete Erich Igler die Leichtathletik-Abteilung und gliederte sie dem Deutschen Leichtathletik-Verbandan. In den Jahren davor wurde Leichtathletik von TVL Sportlern im Rahmen des „volkstümlichen Turnens“ betrieben.
Am 15. September 1962 fiel schließlich die bedeutsame Entscheidung, eine eigene Turnhalle zu bauen. Das Baugelände wurde im Juni 1963 abgesteckt und die Baukosten auf 520.000 Mark veranschlagt. Die Finanzierung beruhte wesentlich auf Eigenhilfe der Mitglieder, die Arbeiten begannen schließlich im August 1963. Im gleichen Jahr wurde auch erstmals eine Damenmannschaft in der Handballabteilung gegründet, die eine frühere Mannschaft von 1947 bis 1950 wiederbelebte. Der Neubau der Turnhalle wurde zu einem der wichtigsten Meilensteine in der Vereinsgeschichte und verdeutlichte den enormen Gemeinschaftssinn und die Tatkraft der Mitglieder des TV Langenselbold.
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Bau der Gründauhalle – ein Gemeinschaftswerk der Vereinsmitglieder (1963–1965)
Im August 1963 begann für den TV 1886 Langenselbold eine neue Ära: Nach jahrelanger Planung startete der Verein mit dem Bau einer eigenen Turnhalle auf dem Gelände „Brühl“. Dieses ambitionierte Vorhaben stieß zunächst auf Skepsis, da das Gelände als feucht und schwer zugänglich galt. Doch dank überzeugender Argumente des beauftragten Architektenbüros Clormann und Neis setzte sich schließlich die Überzeugung durch, dass dieses Areal ideal für die Errichtung der Halle sei.
Die Vorbereitungen des Bauprojekts waren umfangreich. Der Verein gründete einen Bauausschuss, der die Bauarbeiten koordinierte, und legte sorgfältige Finanzierungspläne und Kostenvoranschläge vor. Anfangs standen lediglich rund 5.000 Mark als Startkapital zur Verfügung, während die Gesamtkosten auf etwa 520.000 Mark geschätzt wurden. Um die finanzielle Belastung zu bewältigen, beschloss der Verein, eine außergewöhnliche Eigenleistung im Wert von etwa 220.000 Mark zu erbringen.
Die Mitglieder des Vereins engagierten sich in beeindruckender Weise. Obwohl die Zahl der freiwilligen Helfer überschaubar war, arbeitete eine feste Kerngruppe aus Handwerkern, Angestellten und sogar Akademikern mit großem persönlichen Einsatz. Viele übernahmen Aufgaben, die weit außerhalb ihrer beruflichen Qualifikation lagen: Angestellte lernten Maurerarbeiten und das Mischen von Mörtel, und auch hochqualifizierte Mitglieder scheuten sich nicht davor, als Kaffeekoch und Frühstücksbeschaffer auf der Baustelle auszuhelfen.
Die Unterstützung der Gemeinde Langenselbold erwies sich als entscheidend, um den Rohbau der Halle 1963 schuldenfrei zu realisieren. Später kamen Zuschüsse des damaligen Kreises Hanau (1964) und des Landes Hessen (1965) hinzu. Als die Halle am 12. Dezember 1965 schließlich feierlich eingeweiht wurde, hatte der Verein Baukosten in Höhe von 510.000 Mark durch Zuschüsse und beachtliche Eigenleistungen im Wert von 308.700 Mark gestemmt.
Die enorme Doppelbelastung für die Vereinsmitglieder während der Bauzeit – die freiwillige Arbeit auf der Baustelle und der parallele Übungsbetrieb – minderte keineswegs die sportlichen Erfolge des Vereins. So erzielte beispielsweise die Kinderturnriege unter Turnfachwart Hans Waitz den ersten Platz beim Gaukinderturnfest in Weiskirchen. Auch die Handballabteilung glänzte mit herausragenden Leistungen und errang zwischen 1963 und 1965 mehrere Meisterschaften unter Leitung von Hans Waitz.
Die Einweihung der Gründauhalle wurde zu einem bedeutenden Ereignis für den Verein und die gesamte Gemeinde Langenselbold. Zahlreiche Prominente und Bürger waren zu diesem feierlichen Anlass erschienen. Hessens Innenminister Heinrich Schneider bezeichnete die neue Halle als „Kleinod“ für Langenselbold, Landrat Wilhelm Voller sprach sogar von einem zukünftigen „Wallfahrtsort“. Bürgermeister Neugebauer würdigte besonders den außergewöhnlichen Einsatz und die Bereitschaft der Vereinsmitglieder zur Selbsthilfe, die maßgeblich zum Erfolg des Projekts beigetragen hatten.
TV-Vorsitzender Wilhelm Hahn bedankte sich in seiner Rede ausdrücklich bei allen Mitgliedern für ihre Hingabe und betonte die herausragende Unterstützung durch die Architekten Clormann und Neis sowie Bürgermeister Neugebauer. Einen besonderen Dank richtete er an den Kassierer Heinrich Hamburger, der es geschafft hatte, das ehrgeizige Projekt trotz knapper Mittel ohne Schulden zu realisieren.
Die Lokalpresse würdigte in den darauffolgenden Wochen ausführlich das Engagement des TV Langenselbold. Der Bau der Gründauhalle wurde als herausragende Gemeinschaftsleistung der Vereinsmitglieder gelobt, die dem Verein ein dauerhaftes Denkmal ihres Engagements und ihres Gemeinschaftssinns gesetzt hatte.
Wachstum und Herausforderungen eines Großvereins (1966–1976)
Am 28. Januar 1966 fand erstmals in der Vereinsgeschichte des TV 1886 Langenselbold eine Jahreshauptversammlung in der eigenen Halle statt – ein Ereignis, das der Verein nach stolzen 80 Jahren erreichte. Der Bau der Gründauhalle wirkte sich nachhaltig auf die Entwicklung des Vereins aus. Waren es im Jahr 1965 noch 605 Mitglieder (davon 250 Kinder), so stieg diese Zahl bis Mitte 1976 auf beeindruckende 1417 Mitglieder, darunter 712 Kinder. Damit gehörten rund 15 Prozent aller Langenselbolder Einwohner dem Turnverein an. Auch neue Abteilungen kommen hinzu: Seit 1975 wird beim TVL Badminton gespielt.
Dieses rasante Wachstum stellte den Verein jedoch auch vor organisatorische Herausforderungen. Ein Verein dieser Größenordnung erforderte eine moderne und effektive Führung. Zahlreiche Abteilungen, von Turnen und Handball über Leichtathletik und Faustball bis hin zur Karnevalabteilung, sowie verschiedene Dienste wie der Wirtschaftsbetrieb in der Halle sorgten für eine erhebliche Arbeitslast. Die Verantwortung musste auf viele ehrenamtliche Schultern verteilt werden, was nicht selten an die Grenzen der Belastbarkeit ging. Besonders Abteilungsleiter, Übungsleiter, Helfer sowie Mitglieder des Vorstands leisteten außerordentlich viel Arbeit, oft bis an ihre Grenzen.
Diese hohe Belastung führte dazu, dass Wilhelm Hahn, der seit 1958 Vorsitzender des Vereins war, 1971 sein Amt niederlegte. Der neu gewählte, deutlich jüngere Vorstand unter Leitung von G. Späth als Vorsitzendem übernahm erfolgreich die Führung. Zum Vorstand gehörten neben G. Späth auch Wolfgang Koog (2. Vorsitzender), Walter Barthel (Schriftführer), Heinrich Hamburger (1. Kassierer), Karl Baer (2. Kassierer), H. Lamm (2. Schriftführer), H. Meininger (Jugendleiter) sowie die Abteilungsleiter H. Waitz (Turnen), H. Schäfer (Handball), E. Igler (Leichtathletik), H. Siebert (Faustball) und E. Schäfer (Karneval). Unterstützt wurden sie von erfahrenen Beisitzern wie Wilhelm Hahn, Frieder Weingärtner, Wilhelm Hamburger und Erna Hamburger.
Unter dieser neuen Leitung blieb der TV Langenselbold weiterhin auf Erfolgskurs, sowohl im sportlichen als auch im gesellschaftlichen Bereich. Besonders die Karnevalsabteilung etablierte sich als lebendige und finanziell erfolgreiche Säule des Vereins. Zugleich wurde die Gründauhalle zu einem wichtigen Veranstaltungsort, der weit über das Vereinsleben hinaus Bedeutung erlangte. Sie wurde Austragungsort verschiedenster Veranstaltungen, darunter Chorkonzerte, kulturelle Events und sogar Landestagungen. Damit erfüllte die Halle zeitweise die Funktion eines Bürgerhauses und wurde von den Langenselboldern entsprechend geschätzt.
Trotz aller Erfolge wurde jedoch deutlich, wie schwer es war, dauerhaft ehrenamtliche Führungskräfte für einen derart großen Verein zu gewinnen. Dies zeigte sich besonders dramatisch bei der Jahreshauptversammlung am 11. Januar 1976. Nachdem der bisherige Vorsitzende G. Späth nach fünf Jahren Amtszeit zurückgetreten war, fand sich kein Nachfolger, der bereit war, diese verantwortungsvolle Position zu übernehmen. Erst eine außerordentliche Mitgliederversammlung am 7. März 1976 führte zu einer Lösung, indem ein neuer Vorstand gewählt werden konnte.
Dieser Vorstand setzte sich wie folgt zusammen:
• Geschäftsführender Vorstand: Vorsitzender Heinrich Herwig, stellvertretender Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Sport D. Koles, Vorstandsmitglied für Organisationsfragen H. Lamm, für Finanzen H. Hamburger, für Vermögensverwaltung K. Baer, für Jugend H. Meininger und für Öffentlichkeitsarbeit E. Dietz.
• Erweiterter Vorstand: Willi Göbel (Karneval), Norbert Graßmann (Badminton), Horst Koles (Handball), Erich Igler (Leichtathletik), Hans Waitz (Turnen), Karl Waller (stellvertretend Sport), Irmgard Prasse (stellvertretend Öffentlichkeitsarbeit). Zusätzlich wurde ein Vereinsgremium mit Fritz Weidenbach, E. Igler, H. Schäfer, K. Waller und H. Lamm gewählt.
Mit diesem erweiterten und spezialisierten Vorstand blickte der TV Langenselbold trotz der Herausforderungen optimistisch in die Zukunft. Das 90-jährige Vereinsjubiläum im September 1976 wurde mit einem großen Festprogramm gefeiert, das sowohl die Breite des Vereinsangebotes als auch das hohe Leistungsniveau der verschiedenen Abteilungen eindrucksvoll präsentierte.
Aufbruch, Wachstum und Jubiläum (1976–1986)
Das Jahr 1976 brachte wichtige strukturelle Veränderungen im Vereinsleben: So wurde eine eigene Wanderabteilung gegründet, die fortan regelmäßig Wanderungen für Mitglieder aller Altersgruppen anbot. Gleichzeitig bedeutete dieses Jahr aber auch das Ende der Faustballabteilung, die bereits seit 1965 bestanden hatte. Aufgrund mangelnden Nachwuchses musste diese Abteilung nach elf Jahren aufgelöst werden.
1979 erwiesen sich die Veranstaltungen der Karnevalsabteilung erneut als Publikumsmagnet. Die Karnevalssitzungen waren so gefragt, dass die Abteilung dazu überging, ihre Auftritte dreimal hintereinander durchzuführen. Diese große Nachfrage verdeutlichte die zentrale Rolle, die der Karneval im gesellschaftlichen Leben Langenselbolds inzwischen einnahm.
Im Jahr 1980 verzeichnete die Handballabteilung ein beeindruckendes Wachstum. Die Zahl der aktiven Mannschaften stieg auf insgesamt zehn an, was die Beliebtheit und Dynamik dieser Sportart innerhalb des Vereins widerspiegelte.
Das Jahr 1981 war geprägt von einem schweren Rückschlag: Am 11. August verursachte ein „Jahrhunderthochwasser“ massive Schäden sowohl am Sportplatz als auch an der Gründauhalle. Trotz dieser Schwierigkeiten brachte das Jahr auch eine positive Entwicklung: Unter der Leitung von Willi Fuchs wurde eine neue Abteilung gegründet – die Twirlingabteilung, in der das artistische Arbeiten mit Stab und tänzerischen Elementen im Vordergrund steht.
Bereits ein Jahr später, 1982, konnten die Twirlingsportlerinnen erste internationale Erfolge feiern. Sie nahmen sowohl an der Europameisterschaft im niederländischen Arnheim als auch an der Weltmeisterschaft in Tokio teil. Im gleichen Jahr traf den Verein ein weiteres Hochwasser, das erneut Schäden an den Vereinsanlagen verursachte und die Mitglieder erneut forderte.
1983 stellte der Turnverein seine organisatorischen Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis, als er die traditionelle Selbolder Zeltkerb ausrichtete. Diese Veranstaltung diente als eine Art Generalprobe für das kommende hundertjährige Vereinsjubiläum, das bereits intensiv vorbereitet wurde.
Im Jahr 1985 unternahm eine Gruppe von 25 jungen Handballern im Alter zwischen zehn und 16 Jahren eine achttägige Trainingsfahrt nach Österreich. Neben intensiven Trainingseinheiten kam dabei auch die Freizeitgestaltung nicht zu kurz, was den Gemeinschaftssinn und die Freude am Sport weiter stärkte. Zudem erlebte die Jazzgymnastikgruppe unter Leitung von Sibylle Raab einen regelrechten Aufschwung. Bis zu 40 Mitglieder trafen sich regelmäßig, um gemeinsam rhythmische Bewegungen und tänzerische Fitnessübungen durchzuführen.
Ebenfalls 1985 begann Gerhard Bernath mit dem Aufbau einer vereinseigenen Musikkapelle, die bald ein fester Bestandteil des Vereinslebens wurde und bei Veranstaltungen und Festen für musikalische Unterhaltung sorgte. Darüber hinaus erhielt der Sportplatz mit Unterstützung der Stadt Langenselbold eine grundlegende Sanierung: Die Laufbahn wurde erneuert, und die Hochsprunganlage bekam einen modernen Kunststoffbelag.
Das Jahr 1986 schließlich war geprägt von den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Vereinsjubiläum. Mittlerweile zählte der Turnverein stolze 1800 Mitglieder, was die große Bedeutung des Vereins in Langenselbold noch einmal unterstrich. Ein Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten war der Ehrungsabend am 15. März, an dem 70 Mitglieder für mindestens 25-jährige Vereinstreue geehrt wurden. Den glanzvollen Höhepunkt bildeten schließlich das Gauturn- und das Gaukinderturnfest, die vom 13. bis 16. Juni 1986 in Langenselbold stattfanden und zahlreiche Teilnehmer und Besucher in die Gemeinde lockten.
Auf dem Weg ins neue Jahrtausend (1987–2001)
Das Jahr 1987 brachte für den TV 1886 Langenselbold einige außergewöhnliche Erfahrungen und Erfolge. Eine Gruppe von 22 Turnern des Vereins nahm am Deutschen Turnfest in West-Berlin teil, wo insgesamt 120.000 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik zusammenkamen. Besonders prägend waren dabei die Eindrücke eines Ausflugs nach Ost-Berlin: Der Zwangsumtausch, belastende Kontrollen am Grenzübergang Friedrichstraße und die bevorzugte Behandlung westlicher Besucher in einem Café boten eine ernüchternde Einsicht in die damalige Realität der DDR. Zur Erinnerung an dieses Ereignis pflanzte man auf dem TVL-Gelände eine kleine Eiche, die heute stattlich gewachsen ist und den Grillplatz beschattet. Ebenfalls 1987 erzielte der Dreispringer Carsten Fiedler einen bemerkenswerten Erfolg: Bei den Süddeutschen Meisterschaften maß er sich mit dem späteren Weltmeister und Olympiateilnehmer Charles Friedek.
Im Jahr 1990 konnte die Musikgruppe des Vereins, die „Original Selbolder“, ihren ersten größeren Erfolg feiern. Sie belegten den 3. Platz beim ersten Musikwettstreit des Main-Kinzig-Kreises in Brachtal.
Ab 1991 erweiterten Sabine Behrends und Karin Späth nach einer speziellen Ausbildung das sportliche Angebot des TVL um die Herzsportgruppe, die von Fritz Gutermuth initiiert wurde. Diese Übungen fanden ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht statt.
In der Saison 1992/1993 erreichte die weibliche C-Jugend der Handballabteilung, betreut von Petra und Reinhard Hoffmann, die Teilnahme an den Hessenmeisterschaften in Bad Hersfeld – ein weiterer sportlicher Höhepunkt. Zum erfolgreichen Team gehörten Joana Tremmel, Nicole Schmidt, Kerstin Kaemper, Katrin Heim, Eva Kronberg, Nina Bickel, Annika Kellermann, Carolin Rupietta, Stefanie Voss, Tanja Miller, Jennifer Vidlak und Janine Büchel.
Die „Original Selbolder“ bekamen in den Jahren 1993 und 1995 sogar Fernsehauftritte beim Hessischen Rundfunk, wodurch der Verein auch überregional Bekanntheit erlangte.
1995 wurde unter der Leitung von Rita de Wash erstmals ein Walkingkurs angeboten. Im November desselben Jahres präsentierte sich die Turnabteilung mit einer spektakulären Spiel-Gymnastik-Show der Öffentlichkeit.
Im Twirlingsport gelang dem TVL 1996 ein großer internationaler Erfolg: Sabrina Irion belegte bei der Europameisterschaft in Verona als erste deutsche Twirlerin überhaupt einen beachtlichen neunten Platz. Auch bei der Weltmeisterschaft in Genua zeigte sie eine starke Leistung (16. Platz) und erreichte mit Sandra Schwindt das Halbfinale bei den Senioren. Die weibliche C-Jugend der Handballabteilung holte im gleichen Jahr unter Trainer Dirk Hausch bei der Hessenmeisterschaft sogar den zweiten Platz.
Die Badminton-Abteilung profitierte in den späten 90er Jahren von zunehmendem Zulauf, weshalb die Trainingszeiten in der KKS-Sporthalle auf fünf Stunden pro Woche ausgeweitet wurden.
Anlässlich des 111-jährigen Vereinsjubiläums richtete der TVL 1997 erneut das Gaukinderturnfest und Gauturnfest auf dem Vereinsgelände aus. Diese Veranstaltung wurde von der Turngau-Leitung als besonders professionell und vorbildlich gelobt. Sandra Schwindt wurde im selben Jahr zur ersten deutschen Ranglistensiegerin im Solo-Freestyle im Twirlingsport gekürt.
Im Jahr 1998 baute der TVL den Gesundheitssport aus. Karin Späth und Erwin Schulz absolvierten erfolgreich eine Ausbildung beim Deutschen Turnerbund in München, um Aerobic- und Rückenschulkurse anzubieten, die auch Nichtmitgliedern offenstanden. Im selben Jahr initiierte Hans Waitz den beliebten „Tanztee“, der rasch zu einem festen Treffpunkt für Tanzbegeisterte aus Langenselbold und umliegenden Gemeinden wurde. Zudem gewannen die Twirlingsportler erstmals den Ranglistentitel als erfolgreichster Verein Deutschlands – ein Titel, den sie elf Jahre lang verteidigen konnten. Turnerisch setzten Thomas Richter und Heiko Schlag Akzente, indem sie erstmals in der 3. Hessenliga antraten.
1999 wurde das Angebot um einen Inlinerkurs erweitert, der von Andrea Tischle und Michael Hallenberg organisiert wurde.
Im Jahr 2000 erzielte das Twirling-Duo Carina Mitschke und Stephanie Wagner bei der Europameisterschaft den herausragenden vierten Platz. Stephanie Wagner schrieb zudem Geschichte, indem sie als erste deutsche Juniorin im Twirling bei einer Europameisterschaft den neunten Platz und bei der Weltmeisterschaft den 20. Platz erreichte.
Abschließend verzeichnete der TVL im Jahr 2001 weitere Leichtathletikerfolge: Christoph Krüger erreichte bei den Süddeutschen Meisterschaften den sechsten Platz über 100 Meter (Schüler A). Ein weiteres Highlight war die Nominierung von Simon Drießlein zum internationalen Kreisvergleich und die anschließende Teilnahme am Bundesfinale.
Professionalisierung der Vereinsarbeit im neuen Jahrtausend (2001–2010)
Mit rund 1.800 Mitgliedern hatte sich der TV 1886 Langenselbold zu Beginn des neuen Jahrtausends zum größten Verein der Stadt entwickelt. Dieses Wachstum brachte nicht nur sportliche Erfolge, sondern auch organisatorische Herausforderungen mit sich. Um diesen gerecht zu werden, setzte der Verein verstärkt auf professionelle Strukturen und modernes Management.
Schon im Jahr 2001 zeigte der TVL, dass ihm neben dem Sport auch gesundheitliche Themen wichtig waren. So hielt Professor Kramer vom Klinikum Hanau im vollbesetzten Clubheim einen Vortrag über Herzerkrankungen, der sowohl Vereinsmitgliedern als auch der Öffentlichkeit nützliche Informationen bot.
Sportliche Erfolge stellten sich rasch ein: Die weibliche B-Jugend im Handball erreichte in der Saison 2001/2002 mit Trainer Jörg Schäfer den dritten Platz bei den Hessenmeisterschaften. Ebenfalls 2002 führte der Verein erstmals einen Flohmarkt in der Gründauhalle durch, der schnell großen Zuspruch erhielt. Im selben Jahr besuchten TVL-Mitglieder das Deutsche Turnfest in Leipzig, das erstmals in einem der neuen Bundesländer stattfand.
2003 führte Ricarda Baake die Leichtathleten zu einem besonderen Erfolg, als sie Hessenmeisterin im Blockwettkampf „Wurf“ wurde. Gleichzeitig etablierte der Verein den speziellen Kurs „XXL“ für Übergewichtige, um Menschen aller Körperformen sportliche Teilhabe zu ermöglichen.
Unter der Leitung von Bettina Schonlau und Nicole Jakob fand 2004 ein gut besuchtes Kinder-Sommerfest statt. 2006 organisierte der Verein eine Sportschau, um insbesondere Neubürgern das vielfältige Sportangebot näherzubringen. Die Twirlingsportgruppe beeindruckte 2008 beim Europäischen Cup of Club in Rüsselsheim mit einem starken vierten Platz. Ein Rope-Skipping-Kurs erfreute sich großer Beliebtheit unter den jüngeren Mitgliedern.
Als 2008 die kleine Sporthalle an der Käthe-Kollwitz-Schule abgerissen wurde, mussten Handballer und Badmintonspieler kurzfristig auf andere Trainingsorte ausweichen, bevor sie 2009 schließlich die moderne Hessentagshalle nutzen konnten. Ebenfalls 2008 war Langenselbold Gastgeber des Landeskindertrachtentreffens, eines Vorboten des Hessentags. Rund 800 Kinder aus ganz Hessen sorgten gemeinsam mit TVL-Mitgliedern für einen farbenfrohen Festumzug.
2009 beteiligte sich der TVL intensiv am Hessentag in Langenselbold. Der Verein stellte beim Festumzug eine große Fußgruppe unter dem Motto „Turnvater Jahn in Langenselbold“, organisierte ein Schulturnier mit zwölf Klassen und übernahm für einen Tag die Bewirtung des Hessentags-Cafés. Zudem wurde die Handballabteilung mit der Sichtung der Landesauswahl betraut – eine Anerkennung ihrer Professionalität. Die Leichtathleten konnten ihre neue Anlage am Sportzentrum in Betrieb nehmen, die Wettkämpfe bis hin zu Süddeutschen Meisterschaften ermöglichte.
Ab 2005 fanden regelmäßig die beliebten „Närrischen Highlandgames“ statt, zudem etablierte sich der von der Turnabteilung organisierte Kinderzirkus „Fantastica“ als feste Veranstaltung im Jahreskalender.
Parallel zu diesen vielfältigen Aktivitäten entwickelte sich die Vereinsstruktur immer weiter in Richtung Professionalisierung. Der ehrenamtlich tätige, geschäftsführende Vorstand bestand aus sechs Mitgliedern, die die Ressorts Vorsitz, Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit, Sport, Wirtschaft, Schriftverkehr und Finanzen betreuten. Unterstützt wurden sie von Abteilungsvorständen, die eigenverantwortlich, aber stets in enger Abstimmung mit dem Gesamtvorstand die einzelnen Abteilungen führten. In regelmäßigen erweiterten Vorstandssitzungen arbeiteten Vorstand und Abteilungsvorstände gemeinsam an Konzepten und Richtlinien, um den Verein auf Erfolgskurs zu halten.
2007 wurde mit Wilma Mohn erstmals eine Frau Vorsitzende des TVL. Als Tochter der Vereinsikone Hans Waitz brachte sie dem TVL nicht nur lebenslange Verbundenheit entgegen, sondern auch umfangreiche Erfahrungen aus früheren Ämtern im Wirtschafts- und Sportbereich. Wilma Mohn etablierte moderne Führungsstrukturen, setzte konsequent auf Controlling und Steuerberatung und brachte damit eine dringend notwendige Professionalisierung voran. Dabei scheute sie auch kontroverse Diskussionen nicht. Ihre Devise lautete klar: „Kein Tag vergeht ohne TVL.“
2010 erhielt der Vorstand weiteren Zuwachs an Kompetenz: Rechtsanwalt Addy Deger übernahm das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden und verantwortete Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit. Nicole Neukamp brachte als Bankkauffrau ihr umfangreiches Finanzwissen ein und betreute jährlich über 2.300 Buchungen. Denise Simon koordinierte als Verantwortliche für den Sportbereich Aus- und Weiterbildungen, Hallenzeiten und Kontakte zu Verbänden und Organisationen. Komplettiert wurde der geschäftsführende Vorstand durch Petra Borth als Schriftführerin und Silke Schlier im Ressort Wirtschaft, die für eine ansprechende Atmosphäre in Gaststätte und Halle sorgte.
Um den Vorstand effektiv zu unterstützen, wurde eine professionelle Geschäftsstelle eingerichtet, die durch Annelie Bendel, Anja Bieber und Regina Mücke geführt wurde. Hier wurde Mitgliederverwaltung betrieben, Kurs- und Vermietungsanfragen bearbeitet sowie notwendige Statistiken und Schriftstücke für den Vorstand vorbereitet.
Ein besonderes Großprojekt stellte ab 2010 die Sanierung der vereinseigenen Gründauhalle dar. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Langenselbold waren umfangreiche organisatorische und rechtliche Herausforderungen zu bewältigen. Mit Ewald Knelangen und Robert Behrends standen Wilma Mohn zwei erfahrene Vereinsmitglieder zur Seite, die Vertragsverhandlungen führten, Ausschreibungen koordinierten und die gesamte Sanierung organisatorisch betreuten.
Die Vereinsarbeit verlangte in diesem Jahrzehnt nicht nur organisatorisches Geschick, sondern auch viel persönliches Engagement. Viele Ehrenamtliche – vom „Macher“ über den „Planer“ bis hin zum „Visionär“ – engagierten sich mit Herzblut für das Vereinsleben. Entscheidungen wurden stets gemeinsam getroffen, auch wenn sie nicht immer leicht waren und mitunter kontroverse Diskussionen auslösten. Doch gerade dadurch wuchs der Verein zu einer starken, professionell geführten Gemeinschaft zusammen, die mit Stolz und Optimismus ihrem 125-jährigen Jubiläum unter dem Motto „Wir sind TVL“ entgegenblickte.
Herausforderungen, Wandel und Aufbruch (2011 – heute)
Im Jahr 2011 blickte der TV 1886 Langenselbold stolz auf sein 125-jähriges Vereinsjubiläum. Unter dem Motto „Wir sind TVL“ feierten Mitglieder und Freunde ein großes Jubiläumsfest, bei dem der Verein seine Stärke und Vielfalt eindrucksvoll präsentierte. Diese Feierlichkeiten waren nicht nur Ausdruck von Tradition und Gemeinschaft, sondern auch Anlass, einen Blick in die Zukunft zu wagen.
In den Folgejahren zeigte sich jedoch, dass es zunehmend schwierig wurde, ehrenamtliche Positionen im Vorstand neu zu besetzen. Diese Entwicklung stellte den Verein vor große organisatorische Herausforderungen, die über mehrere Jahre hinweg anhielten und immer wieder intensive Diskussionen über die Struktur und Zukunft des Vereins auslösten.
Ein wichtiger Umbruch erfolgte schließlich 2021, als nach intensiven Bemühungen ein umfassender Vorstandswechsel stattfand. Dieser hätte eigentlich schon in 2020 stattfinden sollen, allerdings mussste die Vorstandswahl wegen der Corona Pandemie verschoben werden. Trotzdem begann der designierte Vorstand bereits im April 2021 mit der Arbeit. Das neue Vorstandsteam um den Vorsitzenden Florian Koog brachte frischen Wind, innovative Ideen und viel Tatkraft mit, um den Verein in eine zukunftsfähige Richtung zu lenken.
Zuerst einmal kam mit der Corona-Pandemie Anfang 2020 eine weitere einschneidende Zäsur.
Die Pandemie führte zu erheblichen Einschränkungen im Vereinsbetrieb: Trainingseinheiten mussten pausieren, Wettkämpfe und Veranstaltungen fielen aus, und das soziale Vereinsleben litt stark. Gleichzeitig zeigte sich in dieser schwierigen Zeit aber auch die Widerstandsfähigkeit und Kreativität des Vereins. Neue Formate wurden geschaffen, um das Gemeinschaftsgefühl trotz der Distanz zu erhalten, etwa digitale Treffen und Trainingsangebote für zuhause.
Vor allem rückten jetzt der Rehasport und gesundheitsorientierte Kurse verstärkt in den Fokus des TVL. Damit reagierte der Verein auf eine gesteigerte Nachfrage nach gesundheitsfördernden Angeboten, die von der breiten Bevölkerung zunehmend nachgefragt wurden. Dies ermöglichte es auch, neue Mitgliedergruppen zu erschließen und die Bedeutung des Vereins in der örtlichen Gesundheitsvorsorge weiter zu stärken.
Mit der Gründung einer neuen Dartsabteilung erweiterte der Verein zusätzlich sein sportliches Portfolio. Diese Maßnahme erwies sich als populär und trug dazu bei, eine jüngere Zielgruppe anzusprechen sowie neue Impulse in das Vereinsleben zu bringen.
Ein besonderes Augenmerk galt der Wiederbelebung des Vereinsheims, das lange Zeit wenig genutzt wurde. Der Vorstand und zahlreiche engagierte Mitglieder entwickelten Konzepte, um das Vereinsheim erneut zu einem lebendigen Treffpunkt zu machen – sei es für sportliche Aktivitäten, Veranstaltungen oder gesellige Begegnungen. Der Erfolg dieser Maßnahme zeigte sich schnell: Das Vereinsheim wurde wieder zur zentralen Anlaufstelle und stärkte den Zusammenhalt innerhalb des Vereins spürbar.
Heute sieht sich der TV 1886 Langenselbold für die Zukunft gut aufgestellt. Mit dem Konzept „Vereinsleben sichern – Zukunftsfähigkeit erreichen“ bereitet man sich auf kommende Herausforderungen vor. Das Vereinsleben ruht dabei auf vier tragenden Säulen: Sport, Gesundheit, Gemeinschaft und professionelle Vereinsführung. Diese vier Säulen sichern nicht nur den aktuellen Erfolg, sondern bilden auch die Grundlage, um den Verein langfristig zukunftsfähig zu halten. Durch kontinuierliche Weiterentwicklung und das Engagement zahlreicher ehrenamtlicher Mitglieder bleibt der TVL auch in kommenden Jahren ein wesentlicher Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Langenselbold.


